Ich will es in einfachen Worten erklären. In der Kita lernen wir zu teilen. Acht Kinder. Ein Kuchen. Acht Teile. Acht glückliche Gesichter. Nehmen wir an, der kleine Max nimmt sich rücksichtslos zwei Stück. Mina bekommt nun überhaupt nichts. Sie weint und petzt. In zehn von zehn Fällen würde Max eine Strafe bekommen. Doch wir leben in einer Leistungsgesellschaft, welche die Gier fördert. Übertragen auf das Beispiel würde der Erzieher Mina entgegnen: „Wenn auch du ein Stück willst, dann musst du dich anstrengen!“ Beim nächsten Geburtstag gibt es wieder Kuchen. Mina hat dazu gelernt und trickst Max aus. Heimtückisch erzählt sie ihm, dass sich alle draußen zum Fußballspielen versammeln. Während Max auf die anderen wartet, verdrückt Mina genüsslich zwei Stück von dem Kuchen. Beide Kinder sind egoistisch. Max und Mina. Max, weil er gierig war, und Mina, weil sie durch den Mangel unbescheiden geworden ist. Die Frage ist nicht: Wie schaffen wir den Kapitalismus ab? Die Frage ist: Wie gestalten wir ihn gerechter, damit Gier und Egoismus nicht gegen Neid und Missgunst konkurrieren und alle Menschen die gleiche Chance auf ein Stück vom Kuchen haben? Wie heißt es so treffend: „Im Kapitalismus kann es jeder schaffen, nur nicht alle gleichzeitig.“
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